Einer der wenigen deutschen ADHS-Gurus ist T. Banaschewski. Vor nunmehr 13 Jahren schrieb er etwas Vernünftiges: Er stellte fest, dass die bisherige Forschung die Frage, ob es ADHS als von anderen unterscheidbare spezifische Störung überhaupt gibt, im Unklaren lasse. Aus seiner damaligen Forschungsübersicht bisheriger Vergleiche von ADHS mit anderen neuropsychologischen, neurobiologischen und genetischen Korrelaten zog er den ernüchternden Schluss, dass es bisher keine ADHS-Spezifität gibt. Auf Deutsch: ADHS gibt es gar nicht. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil.
Denn die bisher magere molekulargenetische Ausbeute konnte die Spezifität von ADHS inzwischen nicht belegen. Es gibt einen großen Überlappungsbereich von ADHS mit anderen psychiatrischen Krankheiten. Das haben Wissenschaftler des Brainstorm Consortiums unter Beteiligung von Humangenetikern des Universitätsklinikums Bonn kürzlich bestätigt. An der groß angelegten Studie arbeiteten mehr als 500 Forscher aus aller Welt. Ergebnisse der Arbeit hat jetzt das Fachjournal Science vorgestellt (2018; doi: 10.1126/science.aap8757).
Es zeigte sich, dass sich 25 verschiedene psychiatrische Krankheiten inkl. „ADHS“ in Bezug auf ihre genetische Beteiligung im Grunde nicht unterscheiden lassen, neurologische Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer aber durchaus. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die gemessene genetische Beteiligung bei psychiatrischen Krankheiten sowieso sehr klein ist, in bisherigen Studien beläuft sie sich auf ca. 5-10 % der Gesamtvarianz, 90% der Varianz bleiben also genetisch unerklärt.
Nun betont auch A. Thapar in einer Übersicht über die genetischen Befunde der letzten 5 Jahre die große Überlappung von „ADHS“ mit Autismus, geistiger Behinderung und vielen anderen psychiatrischen und nichtpsychiatrischen Störungen, wie z. B. Lungenkrebs. Während ADHS bisher als spezifische Krankheit betrachtet worden sei, sollte man sie zukünftig besser als Extrem eines Verhaltenskontinuums definieren, so wie z. B. Hypertonie beim Blutdruck.
Fazit: Eine spezifische, genetisch bedingte Krankheit ADHS gibt es nach wie vor nicht. Dies weiterhin zu propagieren grenzt an Volksverdummung.
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